Im Rahmen der Instandhaltung bzw. Instandsetzung des Wasser-, Abwasser- und Fernwärmenetzes sowie von Abscheideranlagen gehört die Begehung von Schächten zu den Aufgaben der Fachkräfte. Da Arbeiten an und in Schächten mit unterschiedlichen Gefahren verbunden sind, gibt es einige Aspekte zu beachten. Je nach Lage eines Schachtes ist zunächst die örtliche Verkehrssituation zu beachten und es sind ggf. Maßnahmen zu treffen, um den Verkehr umzuleiten. Die häufigsten Gefahren bei Arbeiten im Schacht sind die Gefahr durch Stoffe, worunter Feststoffe, Flüssigkeiten, Dämpfe und Gase in jeweils gesundheitsgefährdender Menge und Konzentration fallen sowie die Gefahr eines Absturzes. Dies gilt im Übrigen auch für Tanks, Silos und Behälter. Als Schutz vor einem Absturz wird üblicherweise ein Dreibein mit einem Höhensicherungsgerät inkl. Rettungshubfunktion über dem Schacht aufgestellt. Daran wird die im Schacht arbeitende Person mittels Auffanggurten und Seilen befestigt. In diesem Beitrag wollen wir speziell auf die Gefahr durch gefährliche Gaskonzentrationen und Sauerstoffmangel eingehen und das Freimessen mit unserem Gaswarngerät OLLI beschreiben.
Was ist Freimessen?
Freimessen bedeutet gemäß DGUV Regel 113-004 bzw. 103-003 das Ermitteln einer möglichen Gefahrstoffkonzentration bzw. des Sauerstoffgehalts vor und während der Arbeiten in umschlossenen Räumen mit dem Ziel der Feststellung, ob die Atmosphäre im umschlossenen Raum ein gefahrloses Arbeiten ermöglicht. Es ist somit eine Maßnahme zum Schutz der Facharbeiter vor Gefahrstoffen, die häufig mit den Abkürzungen Ex, Ox und Tox bezeichnet werden. Ex steht dabei für die Gefahr vor brennbaren und explosiven Gasen, Ox für die Gefahren durch Sauerstoffmangel und Tox für die Gefahren durch giftige Gase. Bei den Gasen im Bereich von Schächten sind neben Sauerstoffmangel (O2) Methan (CH4), Kohlendioxid (CO2) und Schwefelwasserstoff (H2S) die häufigsten Gefahrenstoffe. Gelegentlich wird auch auf Kohlenmonoxid (CO) überwacht, da dies im Straßenverkehr bei unvollständiger Verbrennung von Kraftstoffen entstehen kann.
Mustererlaubnisschein nach DGUV Regel 103-003 bzw. 113-004 downloaden!
Grundsätzlich sind die Vorgaben der DGUV Regel 103-003 „Arbeiten in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen“ bzw. DGUV Regel 113-004 „Behälter, Silos und enge Räume“ einzuhalten. Betriebsanweisung, Erlaubnisschein 4.1.7.1 bzw. 4.2.6.1. Vor Beginn der Arbeiten hat der Unternehmer in Betriebsanweisungen Maßnahmen festzulegen, die ein sicheres Arbeiten gewährleisten. Für besondere Einzelfälle hat er Erlaubnisscheine schriftlich zu erteilen.
Was ist vor dem Freimessen zu beachten?
Eine Freimessung erfolgt üblicherweise unter Verwendung eines geeigneten Gaswarngerätes mit zertifizierter Messfunktion für den Explosionsschutz, Sauerstoff und toxische Gase. Das OLLI besitzt diese Zertifizierungen, die gemäß der Normen DIN EN 60079-29-1, DIN EN 45544 und DIN EN 50104 durchgeführt wurden. Bevor die Freimessung erfolgen kann, muss die ordnungsgemäße Funktion des Gaswarngerätes mithilfe einer Sichtprüfung und eines kurzen Anzeigetests überprüft werden. Dies ist nach den DGUV Informationen 213-056 (Merkblatt T 021) und 213-057 (Merkblatt T 023) arbeitstäglich vorgeschrieben. Dabei wird das Gerät inkl. Sonde optisch auf Beschädigungen überprüft und kurzzeitig mit einem passenden Prüfgas beaufschlagt, um zu prüfen, ob es korrekt reagiert. Hierbei erfolgt auch ein Test der integrierten Pumpe auf Funktion. Beim OLLI kann beides über den sogenannten „Bump Test“ durchgeführt werden, der aus dem Hauptmenü heraus gestartet werden kann. Dazu haben wir ein Tutorial erstellt.
Zusätzlich zum täglichen Anzeigetest muss spätestens alle vier Monate eine Funktionskontrolle des Gerätes erfolgen. Dazu gehört neben der Sichtprüfung eine Kalibrierung und ggf. Justierung der Sensoren des Gaswarngerätes. Auch dieser Vorgang kann direkt am Gerät über den Menüpunkt „Kalibrierung/Justage“ durchgeführt werden.
Sämtliche Funktionsprüfungen und Anzeigetests eines Gaswarngerätes müssen dokumentiert werden. Dies ist wichtig, um den Wartungsverlauf der eingesetzten Gaswarngeräte nachvollziehen zu können und bei zukünftigen Inspektionen oder Wartungsarbeiten darauf zurückgreifen zu können. Hierzu bieten wir mit unserem Portal Esders Connect mittlerweile digitale Lösungen zur papierlosen und DSGVO-konformen Dokumentation und Verwaltung aller Prüfungen.
Wie führe ich die Freimessung durch?
Wurden Anzeigetest und Sichtprüfung erfolgreich durchgeführt, erfolgt die Freimessung vor Beginn der Arbeiten, d. h. vor dem Besteigen eines Schachtes. Dafür wird im OLLI der Menüpunkt bzw. der Anwendungsfall „Überwachung Arbeitsraum“ verwendet. Das Gerät wird in sauberer Umgebungsluft eingeschaltet und im Hauptmenü wird der Anwendungsfall ausgewählt und gestartet. Nach der Sensoreinlaufphase ist das OLLI einsatzbereit und die Messung kann mit angeschlossener Schwimmersonde erfolgen.
Die Einsatzbereitschaft des OLLI wird durch ein optisches und akustisches Signal ca. alle 10 Sekunden verdeutlicht. Während des Messvorgangs können die Werte am Display des OLLI abgelesen werden. Bei Überschreitung der eingestellten Grenzwerte löst das Gerät einen Alarm aus. In dem Fall ist ein Einstieg in den Schacht nicht zulässig und es müssen Maßnahmen ergriffen werden (z. B. Be- oder Entlüftung, Benutzung von persönlicher Schutzausrüstung, usw.).
Download Muster für einen Arbeitserlaubnisschein
Auch die Freimessung muss protokolliert werden.
Was sind die wichtigsten Faktoren beim Freimessen? Welche Daten müssen geprüft werden? Mit unserem Muster des Freigabeprotokolls für das Arbeiten in engen Räumen, Schächten und Behältern, können Sie sich diese Aufgabe wesentlich erleichtern.
Was ist nach der Freimessung zu beachten?
Da sich die Atmosphäre in einem Schacht während der Arbeiten verändern kann, ist nach der Freimessung eine kontinuierliche Überwachung der Atmosphäre im Schacht erforderlich. Dazu kann die im Schacht arbeitende Person das Messgerät direkt am Körper tragen. Alternativ kann der Sicherungsposten, welcher bei diesen Arbeiten vorgeschrieben ist und außerhalb des Schachtes steht, das Messgerät mithilfe einer angeschlossenen Schwimmersonde einsetzen, um die Atmosphäre zu überwachen. Dadurch wird das Gerät vor Verunreinigungen im Schacht geschützt. Diejenige Person, die das Freimessen übernimmt, muss nach DGUV Grundsatz 313-002 dafür zum Fachkundigen ausgebildet worden sein. Danach dürfen zum Freimessen nur Personen beauftragt werden, die über die erforderliche Sachkunde verfügen. Diese bezieht sich auf:
- die verwendeten Messgeräte bzw. Messverfahren,
- die zu messenden Gefahrstoffe,
- die betrieblichen Verhältnisse, z. B. Beschaffenheit der umschlossenen Räume; mögliche Einbauten; mögliche Einleitungen, welche die Messung beeinflussen können.
Das Freimessen von Schächten, Silos, Tanks und Behältern erfordert ein hohes Maß an Vorsicht und Kenntnissen über die Sicherheitsmaßnahmen. Es ist unerlässlich, dass geschultes Personal und angemessene Ausrüstung verwendet werden, um die Risiken zu minimieren. Durch die strikte Einhaltung der genannten Schritte und Sicherheitsvorkehrungen können potenzielle Gefahren frühzeitig identifiziert und die Sicherheit der Mitarbeiter gewährleistet werden.
Protokoll für Freimessungen
Wir haben ein spezielles Protokoll für Freimessungen erstellt, das hilfreiche Informationen über die Schwellenwerte von Gasdetektoren, für verschiedene Gase sowie eine praktische Tabelle zum Ausfüllen bei der Durchführung von Messungen enthält. Laden Sie es jetzt herunter, indem Sie das untenstehende Formular ausfüllen.
Unsere Seminare
Im Rahmen eines eintägigen Seminars vermitteln wir den Teilnehmenden – auch gerne bei Ihnen vor Ort – die erforderliche Fachkunde zum Freimessen nach DGUV Grundsatz 313-002. Wir sprechen sowohl über rechtliche Grundlagen als auch über Gefahrstoffe und die entsprechende Messtechnik. Auch praktische Übungen gehören zum Seminar.
Darüber hinaus bieten wir im Rahmen eines zweitätigen Seminars in Kooperation mit der Firma Oldenworx auch die Möglichkeit, neben der Freimessung die Begehung eines Schachtes zu trainieren. Dazu wird insbesondere die richtige Handhabung der mobilen Einsteigsysteme in praxisnahen Situationen vermittelt.
Die weiter oben erwähnte Funktionskontrolle darf gemäß der Merkblätter T 021 und T 023 nur von qualifiziertem Fachpersonal durchgeführt werden. Die Befähigung dazu vermitteln wir Teilnehmenden ebenfalls in einem speziell dafür ausgelegten Seminar zum „Gerätewart“.